Kettenbefristungen können rechtsmissbräuchlich sein

Auch bei Vorliegen eines Sachgrundes für die Befristung können häufige Befristungen wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein. Indizien dafür können nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.07.2012 – 7 AZR
443/09 - sowohl eine lange Gesamtdauer wie auch eine hohe Zahl von Befristungen sein. Bisher wurde von der Rechtsprechung zur Beurteilung der Wirksamkeit von sog. „Kettenbefristungen“ auf die Wirksamkeit des letzten befristeten Arbeitsvertrages abgestellt.

 

In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall war eine Arbeitneh-merin von Juli 1996 bis Dezember 2007 beim Amtsgericht Köln auf Grundlage von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Diese Befristungen wurden durch Vertretung während Elternzeit oder Sonderurlaub sachlich begründet.

Die Klage der Beschäftigten gegen die Wirksamkeit der Befristung des letzten Arbeitsvertrags vom Dezember 2006 wurde vom Landesarbeitsgericht Köln mit der Begründung abgewiesen, die letzte Befristung sei durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Das Bundesarbeitsgericht Das BAG legte den Fall dem EuGH vor, der grundsätzlich ebenfalls von der Rechtswirksamkeit von Kettenbefristungen mit Sachgrund ausging. Der EuGH wies jedoch darauf hin, dass eine Rechtsmissbrauchskontrolle durch die Arbeitsgerichte stattfinden müsse, damit der europarechtliche Schutz vor Befristungen gewährleistet ist.

Als Kriterien für einen möglichen Rechtsmissbrauch wurden dabei ausdrücklich die „ Zahl“ und „Dauer“ der mit demselben Arbeitgeber geschlossenen aufeinander folgenden Verträge genannt (EuGH v. 26.1.2012, C-586/10).

Hierauf nimmt nun das BAG (Urteil v. 18.7.2012, 7 AZR 443/09) Bezug. Die Gesamtdauer von mehr als 11 Jahren und die Anzahl von 13 Befristungen sprechen nach Ansicht des BAG dafür, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit der Vertretungsbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hat und sind daher ein Indiz für einen möglichen Rechtsmissbrauch.

Der Rechtsstreit geht jetzt zurück ans LAG. Der Arbeitgeber muss dann beson-dere Umstände vorzutragen weshalb die Befristungskette doch nicht rechts-missbräuchlich gewesen sein soll.

München, im August 2012